Montag, 2. Juli 2012
Wenn der Abend naht, ganz sacht und leis...
Manche Dinge lassen einen nie wieder los.
Bei mir gehört meine Pfadfinderzeit eindeutig dazu. Die ist zwar mittlerweile neun Jahre her, aber ich will immer noch raus, wandern, zelten, auf Fahrt gehen. Bei uns in Meck-Pomm waren die ältesten vielleicht Anfang 20. Ich bin jetzt 26. Da mach ich mir schon meine Gedanken, ob ich da überhaupt noch rein pass. Aber nur, weil man älter wird, wird man ja nicht plötzlich sesshaft. In Dresden gibts tatsächlich mindestens eine Gruppe, in der auch 20+ Leute drin sind. Genau bei denen war ich Freitag Abend zum überbündischen Singeabend.

Gegen 20:00 abends bin ich durch die Gärten am Rande Dresdens geschlichen, auf der Suche nach einer Gruppe Feuer machender, singender Pfadfinder. An einem Metalltor habe ich tatsächlich jemanden gefunden, der meine Frage, ob er heute Abend ein Feuer machen wolle, bejaht hat. Wir haben Sitzgelegenheiten zusammen gestellt, Holz zur Feuerstelle transportiert und das Feuer entzündet. Nach und nach wurden wir 13 Leute, meine ich. Überbündisch war gut, so war ich nicht der einzige mit einem Halstuch außerhalb der ortsüblichen Farbwahl.
Und wie das so ist, wenn man was kennt, aber doch anders: man sucht nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Außer, dass die anderen auch Pfadfinder sind und ein paar Lieder gesungen haben, die ich auch kenne, war es doch ein kleiner Kulturschock. Wenn ich damals mit Handy angekommen wär, mei o mei, das hätt Ärger gegeben. Dazu die Taschenlampe. Oh mein Gott *kreisch*. Alkohol gabs bei uns auch nicht. Und beim Singen in die Liederbücher schaun ging gar nicht. Hier alles total okay. Außerdem wurde aus Gläsern getrunken statt eine Kalebasse mit Tee (geschliffene, halbe Kokosnuss) herum gereicht. Der Kluftzwang scheint hier auch nicht so groß zu sein. Vermutlich wissen die nicht mal, was ein Affe (ein Pfadfinderrucksack) oder eine Affenrolle (der Schlafsack, in ein Poncho gerollt, außen am Affen befestigt) ist. Dass die a bissl legerer sind als wir damals, ist schon angenehmer. Aber so ein bisschen geht dabei leider auch Kultur verloren. Und ich habs auch so verstanden, dass die mehr nach Powell und wir nach tusk kommen. Das merkt man natürlich schon. Aber immerhin haben die Lager und Fahrten.

Haja, war scho echt schön, wieder die alten Lieder singen und neue hören. Zusammen sitzen am Lagerfeuer, quatschen, neue Leute kennen lernen. Und die, die da waren, sind scho echt sympatisch. Ist halt doch ein spezieller, sehr sympatischer Menschenschlag, der noch gerne durch die Natur zu Fuß geht und in Zelten schläft. Ich hoff, ich pass da rein und bin bald selber wieder auf Fahrt. *von der Ferne träum*

"Mein Blick schweift wieder und wieder zum Fenster, immer öfter. Draußen Sonne, Wind, dann Regen, dann sogar Gewitter – eben das perfekte Fahrtenwetter. Ich denke an die anderen, die jetzt da draußen sind. Zugegeben, ich bin einfach neidisch. Auf ihre Fahrt. Weil ich diesmal nicht mit kann. Ich will aber endlich wieder laufen, ich will Dreck und Kratzer und Mückenstiche. Ich will abends am Feuer schwitzen, während am Rücken die Kälte hoch kriecht, und nachts einen kleinen Stock unterm Schlafsack verfluchen. Ich will im Regen durchweichen bis auf die Haut und in der Mittagshitze meine Wäsche im Fluss waschen, ich will diese fiese Blase auf dem kleinen Zeh, die ich immer bekomme. Ich bin nicht besonders hart oder tapfer. Wer mich kennt, wird bestätigen, dass ich die erste bin, die mit Sonnenstich umkippt. Ich bin auch nicht verwirrt. Man nennt es viel mehr „bündisch“. Unheilbar, übrigens." <3 Definitiv, unheilbar.